#ChangeAgent
Michael Eckstein – für mehr Führung in Teilzeit!
Michael Eckstein ist Geschäftsführer des IT- und Web-Dienstleisters 3m5. Er glaubt an Arbeit, die ins Leben passt und befindet sich derzeit selber in 6-monatiger Elternzeit. In seinem Unternehmen lebt er authentisch vor, was er sich auch von der Arbeitswelt insgesamt erhofft: Mehr Flexibilität, mehr Freundschaft und Teilzeit auch bei Führungsjobs. Für uns ganz klar ein Change Agent!
Ein Thema, welches mich beschäftigt, sind die Einstellungsbedingungen von Führungskräften. Es gibt eine Art „stilles Agreement“, welches besagt, dass wenn jemand zur Führungskraft wird, dieser mindestens 40 Stunden (oder mehr) die Woche arbeiten muss. Für viele Unternehmen ist es undenkbar, dass eine Führungskraft in Teilzeit arbeitet, an manchen Tagen als letztes ins Büro kommt und dieses als erstes wieder verlässt oder auch mal im Home-Office arbeitet.
Wenn ich also eine Sache am Arbeitsmarkt verändern könnte, dann wäre es das absurde Einstellungskriterium, dass eine Führungskraft 40 Stunden und mehr arbeiten muss, damit sie diesen Job ausüben kann. Es sollten viel mehr flexible Arbeitsformen, wie die Möglichkeit zum Home-Office oder die Reduzierung der Stundenanzahl (Führungspositionen in Teilzeit!), möglich sein. Solch eine offenere Herangehensweise bei der Einstellung erfreut nicht nur die Arbeitnehmer, auch Unternehmen profitieren von diesem Umdenken – sie gewinnen Mitarbeiter, die sonst nicht für sie arbeiten würden. Mit dem starren Einstellungskriterium der klassischen „Vollzeitstellenbesetzung“ schließen Unternehmen 50% der Gesellschaft aus, da allein schon jene Menschen, die Kinder haben, meist keine 40-Stunden-Woche leisten können und wollen. Ich denke, Deutschland würde ein Umdenken diesbezüglich sehr gut tun.
In meiner eigenen Firma 3m5. arbeitet übrigens bereits ein Drittel der Belegschaft in Teilzeit und ich bin sehr, sehr zufrieden damit.
Wie ich bereits sagte, gibt es zu wenige Teilzeitstellen und flexible Arbeitsmodelle, die in das Leben der Menschen passen. Dadurch gehen unglaublich viele Potenziale verloren. Ich denke in erster Stelle an die tollen Mütter, die wir haben, die keinen klassischen Vollzeitjob machen möchten. Ihre Potenziale bleiben ungenutzt, weil sie nicht bereit sind, eine klassische Vollzeitstelle anzunehmen – sich den Job in Teilzeit jedoch sehr gut vorstellen könnten. Anders laufen könnte es, wenn Unternehmen diesbezüglich flexibler wären. Immer mehr Unternehmen – insbesondere in der IT-Branche – kämpfen darum, die besten Mitarbeiter in ihr Unternehmen zu holen. Nur die wenigsten überdenken ihre starren Einstellungskriterien einer 40-Stunden-Stelle und „übersehen“ dadurch Talente, die sie für sich gewinnen könnten, wenn der Job flexibel gestaltbar wäre.
Ein anderes Thema, welches mir am Herzen liegt und um welches ich in meinem Unternehmen stets bemüht bin, ist es, ein freundschaftliches Klima entstehen zu lassen. Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass Mitarbeiter, die einen guten Freund im Büro haben, sich dort auch besser fühlen. Das bedeutet für mich als Geschäftsführer, darauf zu achten, ein freundschaftliches Klima aufrecht zu erhalten. Das funktioniert jedoch nicht, wenn es immer nur um die Arbeit geht. Unternehmen sollten Räume und Gelegenheiten schaffen, in denen ein Austausch auf privater Ebene entstehen kann. Wir unterstützen das z.B., indem es jeden Freitag ein Frühstück für alle gibt und wir uns eine Stunde lang über alles Mögliche, jedoch nicht über die Arbeit, austauschen. Außerdem fliegen wir alle ein Mal im Jahr für 4 Tage nach Mallorca und erholen uns – das tut nicht nur unserem freundschaftlichen Klima gut, solche Pausen helfen uns außerdem auch im Alltag mit neuer Energie durchzustarten.
Meiner Meinung nach wird sich in Zukunft viel darum drehen, wie ich als Arbeitgeber begeistern und tolle Talente für mein Unternehmen gewinnen kann. Die Frage „Wie kriege ich die Mitarbeiter, die ich gerne für mein Unternehmen hätte?“ rückt mehr denn je in den Fokus, wenn es um das Thema Rekrutierung geht. Das liegt daran, dass unsere zukünftige Generation sehr wählerisch im Hinblick auf ihren Arbeitgeber sein wird. Daher müssen sich Unternehmen zunehmend mit der Frage beschäftigen, wie sie für die Menschen, die sie gerne in ihrem Unternehmen hätten, attraktiv sein können. Die Möglichkeit im Home-Office oder in flexiblen Arbeitsmodellen zu arbeiten, wird für Mitarbeiter immer wichtiger und ist ein viel relevanterer Faktor als das Gehalt.
Dieser Paradigmenwechsel ist zwingend notwendig – aber das allein reicht nicht. Hinzu kommt die Herausforderung, die Unternehmenswerte glaubwürdig nach außen zu tragen und damit zu einem attraktiven Arbeitgeber zu werden.
Vielen Dank für das Interview, Herr Eckstein.
In unserer Rubrik #ChangeAgents stellen wir Menschen vor, die uns ermutigen, etwas anzupacken und zu verändern. Starke Köpfe, die sich mit viel Leidenschaft für eine menschlichere Arbeitswelt einsetzen und damit ein Umdenken in Gang bringen und Veränderungsprozesse aktiv mitgestalten. Unsere #ChangeAgents sind Vorbilder, Querdenker, Multiplikatoren und Andersmacher.
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